In Deutschland wird - als erstem Land in der EU - der elektronische
Reisepass mit biometrischen Merkmalen eingeführt. Das
Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz ermöglicht Kapitalanlegern,
kollektive Musterverfahren zu führen. Das Gesetz zur
Unternehmensintegrität (UMAG) regelt die Haftung der Vorstände und
Aufsichtsräte neu. Der Einsatz der DNA-Analyse zur Strafverfolgung ist
praxisgerechter geregelt.
1. Mehr Sicherheit durch biometrische Reisepässe
2. Kapitalanleger können ihre Rechte besser durchsetzen
3. Aktionäre erhalten mehr Rechte
4. Praxisgerechter Einsatz der DNA-Analyse
1. Mehr Sicherheit durch biometrische Reisepässe
Als erster EU-Mitgliedstaat gibt Deutschland ab dem 1. November den
neuen elektronischen Reisepass mit biometrischen Merkmalen aus. Durch
die Nutzung der Biometrie ist ein Höchststand an Fälschungssicherheit
und Schutz vor Passmissbrauch erreicht, da körperliche Merkmale zur
Erkennung von Personen genutzt werden. Die neuen elektronischen
Reisepässe, kurz e-Pässe genannt, werden in ihrem vorderen Deckel einen
Chip enthalten, in dem zunächst ein digitales Foto gespeichert wird. Ab
März 2007 werden darüber hinaus in neuen Pässen zwei Fingerabdrücke
gespeichert.
Neben der Fälschungssicherheit und erleichterter Identitätsüberprüfung
ermöglicht der e-Pass schnellere Kontrollen und führt damit zu
Erleichterungen im Reiseverkehr. Darüber hinaus verbessern sich die
Fahndungsmöglichkeiten der Polizeibehörden.
Mit dem neuen Reisepass setzt Deutschland eine internationale
Vereinbarung um, die zum Ziel hat, die Sicherheit des internationalen
Reiseverkehrs zu erhöhen. Alle Staaten der Europäischen Union und viele
weitere Staaten wie Japan, USA, Australien, Russland und die Schweiz
bereiten derzeit ebenfalls die Ausgabe entsprechender Pässe vor.
Rechtsgrundlage der Einführung neuer Pässe in der Europäischen Union ist
eine im Januar in Kraft getretene einschlägige EU-Verordnung.
Die Beachtung des Datenschutzes war bei der Konzeption des neuen
Reisepasses eine wichtige Vorgabe. Die biometrischen Daten sind durch
digitale Signaturen vor Manipulationen sicher. Der Chip kann durch einen
effektiven Zugriffsschutz nicht unbemerkt ausgelesen werden und die
Daten werden zwischen Chip und Lesegerät verschlüsselt. Eine Speicherung
der biometrischen Daten in einer Zentraldatei wird es nicht geben.
Bereits ausgegebene Pässe behalten auch nach dem 1. November 2005 ihre
bis zu 10-jährige Gültigkeit. Der neue Pass kostet aufgrund der erhöhten
Herstellungskosten 59 Euro (bisher 26 Euro) und ist auch zehn Jahre
gültig. Für Jugendliche werden die Reisepässe aufgrund der noch zu
erwartenden Veränderungen bei den körperlichen Merkmalen nur 5 Jahre
gelten und nur 37,50 Euro kosten.
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der Preisgestaltung
im unteren Bereich: in den USA werden die biometrischen Pässe
voraussichtlich rund 75 Euro, in Großbritannien circa 103 Euro kosten.
In Italien kosten die Pässe 160 Euro und gelten nur 5 Jahre.
Eine weitere Änderung betrifft das Passfoto. Bisher wurde das Gesicht im
Halbprofil aufgenommen. Zukünftig wird eine Frontalaufnahme gemacht.
2. Kapitalanleger können ihre Rechte besser durchsetzen
Am 1. November wird das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in
Kraft treten.
Mit dem Gesetz betritt der Gesetzgeber Neuland, indem erstmals
Musterverfahren im Zivilprozess gesetzlich verankert werden. Das Gesetz
ist deshalb auch zunächst auf fünf Jahre befristet. Bewährt es sich,
kann es als allgemeine Regelung für Massenverfahren in die
Zivilprozessordnung aufgenommen werden. Durch die Einführung von
Musterverfahren sollen künftig Schadensersatzklagen von Kapitalanlegern
wegen falscher oder unterlassener Kapitalmarktinformationen, zum
Beispiel in Bilanzen oder Börsenprospekten, gebündelt und beschleunigt
werden.
Das neue Gesetz ermöglicht zur Klärung der Frage, ob eine falsche oder
unterlassene Kapitalmarktinformation vorlag oder nicht, ein
Musterverfahren durchzuführen. Tatsachen- und Rechtsfragen, die sich in
mindestens zehn individuellen Schadensersatzprozessen gleichlautend
stellen, sollen in einem Musterverfahren gebündelt und einheitlich durch
das Oberlandesgericht mit Bindungswirkung für alle Kläger entschieden
werden. Das verbessert nicht nur die Rechtsdurchsetzung für den
einzelnen Anleger, sondern steigert auch die Effizienz des gerichtlichen
Verfahrens. Um eine Verfahrenskanalisation bei einem Gericht zu
erreichen, soll zudem ein ausschließlicher Gerichtsstand am Sitz des
Unternehmens eingeführt werden.
Die Vorteile des kollektiven Musterverfahrens gegenüber dem
Einzelrechtsstreit auf einen Blick:
* Der einzelne Anleger kann seinen Schadensersatzanspruch effektiv
durchsetzen.
* Komplexe Tatsachen- und Rechtsfragen werden nur einmal mit
Bindungswirkung für alle geschädigten Anleger geklärt, d.h. es bedarf
nur einer Beweisaufnahme.
* Das Prozesskostenrisiko für den einzelnen Anleger wird deutlich
gesenkt; ein Auslagenvorschuss insbesondere für teure
Sachverständigengutachten muss nicht gezahlt werden; im Falle des
Unterliegens der Kläger werden die Kosten auf alle Kläger anteilig
verteilt.
* Es kommt zur Beschleunigung bei der Abwicklung einer Vielzahl von
Klagen; die betroffenen Gerichte werden entlastet; die beklagten
Unternehmen erhalten schneller Rechtssicherheit.
3. Aktionäre erhalten mehr Rechte
Am 1. November tritt das Gesetz zur Unternehmensintegrität und
Modernisierung des Anfechtungsrechts - kurz UMAG - in Kraft. Dieses neue
Recht bringt wichtige Modernisierungen und Veränderungen an den
Rahmenbedingungen von Aktiengesellschaften. Mit dem UMAG wird das
10-Punkte-Programm der Bundesregierung zur Verbesserung der
Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes fast vollständig
abgeschlossen. Es trägt dazu bei, das Vertrauen der Anleger in die
Integrität, Stabilität und Transparenz der Aktienmärkte
zurückzugewinnen.
Als Kernanliegen des künftigen Rechts sind besonders hervorzuheben:
Die Schadensersatzklage der Gesellschaft gegen Vorstände und
Aufsichtsräte wegen Unredlichkeiten und groben Rechtsverstößen wird
erleichtert, da Minderheitsaktionäre unter erleichterten Voraussetzungen
die Klage erzwingen können. Die Schwelle für die Minderheitenklage liegt
bei 100.000 Euro Nennbetrag der Aktien.
Die Anfechtungsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse wird vor
missbräuchlicher Ausnutzung geschützt. Hier ist der international
übliche record date, also der Stichtag für die Legitimation des
Aktionärs, auf den 21. Tag vor der Hauptversammlung angesetzt worden.
Das System der Anmeldung und Legitimation von Aktionären zur Teilnahme
an der Hauptversammlung und zur Stimmrechtsausübung wird auf
internationale Gepflogenheiten umgestellt.
4. Praxisgerechter Einsatz der DNA-Analyse
Die DNA-Analyse ist ein sehr effektives Instrument zur Aufklärung von
Straftaten. Aus diesem Grund werden die Regelungen für die Entnahme,
Untersuchung und Speicherung von DNA-Proben und von Reihengentests ab 1.
November den Bedürfnissen der Praxis weiter angepasst. Gleichzeitig
sorgt ein weitgehender Richtervorbehalt dafür, dass die
Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens auch künftig gewahrt bleibt. Die
Änderungen in Überblick:
Kein Richtervorbehalt bei anonymen Spuren
Damit kann die molekulargenetische Untersuchung von Tatortspuren, die
noch keinem Täter zugeordnet werden können, künftig auch vom
Staatsanwalt oder der Polizei angeordnet werden. Allerdings muss
eine DNA-Analyse im Ermittlungsverfahren immer von einem Richter
angeordnet werden.
Richtervorbehalt bei Entnahme und Untersuchung beim Beschuldigten
Die Entnahme von Körperzellen bei Verdächtigen oder Beschuldigten, um
sie mit Tatortspuren zu vergleichen, muss auch weiterhin von
einem Richter angeordnet werden. Ausnahmen davon sind nur dann zulässig,
wenn die betroffene Person einwilligt oder bei Gefahr im Verzuge. Dann
kann die Untersuchung auch von Staatsanwaltschaft oder Polizei
angeordnet werden. Die neue Regelung stellt klar, dass auch die
wiederholte Begehung nicht erheblicher Straftaten im Unrechtsgehalt
einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichsteht. Wenn eine Person
wiederholt etwa wegen Sachbeschädigung verurteilt worden ist und die
Prognose dafür spricht, dass von dieser Person auch zukünftig
Sachbeschädigungen zu erwarten sind, ist die Speicherung ihres
DNA-Identifizierungsmusters in der DNA-Analysedatei des BKA zulässig.
Der Richtervorbehalt für die DNA-Analyse zu Zwecken künftiger
Strafverfolgung bleibt also bestehen, wird aber insoweit modifiziert,
dass bei Einwilligung der betroffenen Person keine richterliche
Anordnung benötigt wird. Auch bei Gefahr im Verzuge ist für die Entnahme
von Körperzellen ausnahmsweise keine richterliche Anordnung
erforderlich. Die molekulargenetische Untersuchung muss hingegen
in jedem Fall von einem Richter angeordnet werden - es sei denn, die
betroffene Person stimmt der Untersuchung freiwillig zu.
Reihengentest nur bei schweren Straftaten
Auch so genannte DNA-Reihentests, die beispielsweise bei
Sexualstraftaten von der Polizei innerhalb eines größeren
Personenkreises durchgeführt werden, werden erstmals ausdrücklich
gesetzlich geregelt. Sie dürfen künftig nur bei Verbrechen gegen Leben,
Leib, Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung durchgeführt werden.
Auch hier gilt: Nur ein Richter darf einen Reihengentest anordnen.
Reihengentests sind zudem nur auf freiwilliger Basis zulässig, die
Betroffenen sind nicht zur Mitwirkung verpflichtet und müssen
vorher über die Freiwilligkeit ihrer Mitwirkung belehrt werden.
Weitere Einschränkung: Die bei solchen Tests erhobenen Daten dürfen
nicht in der DNA-Analysedatei gespeichert werden.